Kunstgeschichte – Kaleidoskop der Gefühle. Emotionen in der Geschichte der Malerei
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Was wäre ein Mensch ganz ohne Gefühle? Kein Mensch mehr, wird man sagen müssen. Sie sind Kompass, Antrieb, Motor – können aber auch bremsen oder sogar lähmen. Sie sind vielgestaltig, flüchtig, aber auch beständig, überwältigend oder kaum zu fassen. An ausgewählten Beispielen aus der Malerei quer durch Kulturen und Epochen wollen wir den unzähligen Facetten dieses Themas nachspüren. Dabei soll es einerseits um die Frage gehen, wie Emotionen dargestellt werden, andererseits darum, welche Gefühle beim Betrachten von bestimmten Kunstwerken ausgelöst werden, sei es unwillkürlich oder auch bewusst intendiert.
Wie wenig es braucht, um Emotionen darzustellen, zeigen täglich Emojis, die Textbotschaften begleiten und pointieren: ein Kreis, zwei Punkt, eine Linie, das reicht schon, um zentrale Gefühle im Bild zu fassen. Doch das Repertoire menschlicher Ausdrucksformen ist unendlich reicher an Mimik, Gestik, Haltung – speziell dann, wenn zwei oder mehr Personen miteinander interagieren, beispielsweise durch Blicke. Dazu kommen Farben und Formen als differenzierte Bedeutungsträger. Künstler wie Wassily Kandinsky haben sich intensiv praktisch wie theoretisch mit den Ausdruckswerten dieser bildnerischen Mittel auseinandergesetzt.
Wie wirken Kunstwerke? Wie ist überhaupt in einer Gesellschaft der Umgang mit Gefühlen? Das wirkt natürlich darauf, wie Emotionen im Bild gezeigt und welche Wirkungen auf die Betrachter damit angestrebt werden. Dabei zeigen sich grundlegende Unterschiede in den historischen Epochen: der Umgang mit Gefühlen ist nicht statisch, sondern ändert sich, ebenso wie sich die Auffassungen vom Menschen ändern – und die künstlerischen Ausdrucksformen, wobei jede Epoche ihren eigenen Stil findet. Und weil beides offenbar zur Grundausstattung des Menschen gehört – Emotionen wie das Schaffen und Betrachten von Kunstwerken – ist der Zusammenhang von beidem auch für Medizin und Neurowissenschaft von Interesse, die die Wechselwirkung von beidem mit modernen wissenschaftlichen Mitteln erforscht.
Eva-Maria Kaufmann – Vita:
Studium Kunstgeschichte, Philosophie, Theaterwissenschaften und Italo-Romanistik in Erlangen und Berlin. 2003 Promotion an der Freien Universität Berlin über die Ikonographie der Himmelsleiter in der bildenden Kunst des Mittelalters. Seit 1986 Arbeit als freiberufliche Dozentin mit den Schwerpunkten Kunstgeschichte und Philosophie in der Erwachsenenbildung. Publikationen u. a.: Sokrates, dtv portrait (2000); Jakobs Traum und der Aufstieg des Menschen zu Gott. Das Thema der Himmelsleiter in der bildenden Kunst des Mittelalters, Tübingen 2006; Von der Wanderschaft der Denkmäler in Berlin, in: Der Bär von Berlin. Jahrbuch des Vereins für die Geschichte Berlins, 56 (2007), S. 31-60; Transformationen oder: Der Weg des Künstlers, in: gebaut/gezeichnet, Ausst.-Kat. Manfred Miersch, Gießen 2008, S. 3-19; Standpunkte und Blickpunkte. Ein kleiner Versuch über die Gartenkunst, in: Ulrich Ludewig (Hg.), Sie befinden sich hier!, Daedalus Verlag: Münster 2010, S. 59-77.