Die innovative Kraft der Malerei
Durch diese durchlässige Definition der Malerei können meine Studentinnen und Studenten auch zur Videoinstallation, zur Multimedia-Show oder zum Film gelangen. Ebenso kann natürlich, wie bei der Neuen deutschen Malerei, die der Projektleiter des Künstlerhauses Bethanien in Berlin und Ausstellungsmacher Christoph Tannert im gleichnamigen Band ausführlich beschreibt, eine malerische Auseinandersetzung mit diesem allgegenwärtigen, in der Kunst stark hineinragenden Mediendiskurs stattfinden. „Die Gegenwart ist konditioniert durch Bilder von, über und für die Realität. Kino, Printmedien, Werbung, Fotografie, Video, computergenerierte Bild- und Raumbehauptungen…haben schon lange die Grenze zwischen Fiktion und Wirklichkeit mannigfach perforiert. Generell können Bilder heute kein Abbild einer real oder wahr zu definierenden Situation mehr sein, sondern sind von allen möglichen Visualisierungen, Bildinformationen, Darstellungsversionen der Medien und Kunst gezeichnete Bild-Cluster…Angesichts des Übergewichts der medialen Bilder in einer durch diese definierte Realität kann aber vielleicht gerade die Malerei einen Part im Spiel der Bildkonstruktionen übernehmen, ohne…Rückwärtsgewandheit…zeitgenössische Qualitäten des Bildes formulieren“, beginnt er das 2007 erschienene Buch.
Auch ich schreibe der Malerei diese innovative Kraft zu. Aber damit es dazu kommt, halte ich es für absolut unabdingbar, sich im Studium allein auf die Malerei zu beschränken. Ich wende mich sogar ganz energisch gegen die Tendenz zu der an den staatlichen Hochschulen aber auch in freien Akademien immer stärker und lauter eingeforderten „Interdisziplinarität“. Interdisziplinarität führt zwar, wie von mir durchaus begrüßt und schon erwähnt, fast automatisch zu einer „Textproduktion“. Aber wenn ich als Betrachter erst einmal einen Text lesen muss, der mir Originalität und Nutzen des Werkes erklärt, ich also nur Zugang zu diesem Werk bekomme, weil dieser eben sonst nicht zu erkennen ist, fehlt mir hier der Kern dessen, was echte Kreativität und letzthin auch Kunst ausmacht. Ein ganz wesentlicher Teil meiner Lehre fußt daher auf der Überzeugung, dass – ungeachtet der Ergebnisse – jegliche künstlerische Äußerung in ihren Mitteln, die sie verwendet, vor allem – auch für andere – nachvollziehbar sein muss, und dies unmittelbar durch die reine Tätigkeit des Betrachtens. Auch eine Installation muss sich in ihren Mitteln selber erläutern können – was ich permanent von meinen Studentinnen und Studenten „einfordere“. Aber auch das ist nicht der richtige Weg und das allein genügt eben auch nicht. Vielmehr müssen sie in Übereinstimmung mit dem geraten, was sie ausdrücken wollen und was nach außen hin sichtbar an den gewählten Vorbildern in ihren Werken verarbeitet und variiert wurde.
(Ute Wöllmann – Akademieleiterin / Galeristin / Malerin / Autorin / Bloggerin)
Titelbild: Öffentliche Präsentation von David Rothenfels
Auszug aus „Über die Kunst, erfolgreich Malerei zu studieren – Ein Lehrbuch“, Ute Wöllmann, Reimer Verlag Berlin 2012, ISBN 978-3-496-01455-3