Mappenvorbereitung, was soll das?
Auch ich habe mich nach dem Abi ein Jahr lang intensiv der Vorbereitung für die Bewerbungsmappen an den bundesdeutschen Kunsthochschulen gewidmet. Ich ging dafür an die Kunstschule Stuttgart. Das war ein tolles Jahr! Ich traf Gleichaltrige, die alle dasselbe Ziel verfolgten: Einen Studienplatz für die schönen Künste. Jeden Tag gab es dort ein Programm: Objektzeichnen, Akt, Porträt usw. Da wurden mir die Grundlagen des Sehens und Zeichnens vermittelt: Proportionen des Kopfes, des menschlichen Körpers. Und es gab noch die Möglichkeit nachmittags und abends die Atelierräume zu nutzen um für sich alleine weiter zu malen. Der Austausch untereinander war rege, die Dozenten präsent und anwesend. Sie kümmerten sich um uns. Ziel war es am Ende des Jahres mehrere Mappen zusammenstellen zu können und diese gleichzeitig an verschiedene Hochschulen zu schicken. Heute wie damals gab es meistens nur einen Bewerbungszeitraum an den Kunsthochschulen, an einigen konnte man sich auch zweimal im Jahr bewerben. So direkt nach dem Abi lebte ich zum ersten Mal ein künstlerisches Leben!
An den damaligen Kunsthochschulen wiederum wurden diese Vorbereitungskurse gar nicht gerne gesehen. Am besten war es sogar, komplett zu verschweigen, dass man an einen solchen Kurs teilgenommen hätte. Im Falle der Kunstschule Stuttgart hieß es, man würde es den Bewerbungsmappen ansehen, dass sie dort in diesem Umfeld entstanden seien. Und das war dann schlecht. Und man wurde sogar abgelehnt. Der eigene künstlerische Wille sei nicht zu erkennen, hieß es dann. Trotzdem schafften es viele von den Bewerbern an den verschiedenen Hochschulen bundesweit unterzukommen. Spätestens im zweiten Vorbereitungsdurchlauf. Ich landete so in Berlin und lernte im Grundsemester nichts Neues dazu. Alles was ich an Grundlagen konnte, konnte ich schon vorher. Und das fanden dann alle aber schon toll, obwohl es vorher verpönt war…
Gerade in den letzten Tagen hat mir ein junger Studienanwärter erzählt, dass eine UdK-Professorin ihm aufgrund seines Talentes unbedingt zu einer Bewerbung an der UdK (Universität der Künste Berlin) geraten hätte. Er solle sich aber durch Absagen nicht entmutigen lassen. Vielfach würde das Talent bei der ersten Bewerbung nicht erkannt werden, sondern erst bei der zweiten oder dritten Bewerbung. Das finde ich eine wirklich merkwürdige Aussage, denn ich habe Talent (bislang) immer erkannt! Und von Leuten, die an einer staatlich anerkannten künstlerischen Ausbildungsstätte lehren, sollte man das doch allemal erwarten dürfen. Die Aufnahmekriterien der Kunsthochschulen waren immer schon rätselhaft. Auch wir damals an der Freien Kunstschule wunderten uns darüber, wer alles nicht genommen und wer alles aufgenommen worden war. Ich landete übrigens mit meiner schlechtesten Mappe von insgesamt drei Mappen, die ich mit meinen Arbeiten bestückte, in Berlin und dies gleich beim ersten Mal. Meine beiden besseren Mappen, die ich nach Stuttgart und Karlsruhe schickte, wurden beide abgelehnt…
Was soll also rein in die Mappe? Die UdK schreibt hierzu auf ihrer Webseite:
„Für die inhaltliche Zusammenstellung der Mappe bzw. der Erarbeitung der Hausaufgabe oder des Konzeptes gibt es kein Patentrezept. Die Arbeiten sollen die eigenen Interessen widerspiegeln und eine intensive Auseinandersetzung mit selbst gewählten Inhalten und Themen zeigen. Die Arbeiten sollten sowohl die eigene Fähigkeit zur Beobachtung als auch Originalität und Intensität zeigen.“
Tja, bleibt zu hoffen, dass dies dann auch erkannt wird!
(Ute Wöllmann – Akademieleiterin / Galeristin / Malerin / Autorin / Bloggerin)