Seine Bilder erzählen von der Welt hinter dieser Fassade, einer befremdlichen und surrealen Welt. Sein Blick ist nüchtern und scharf, die Umsetzung in die Malerei ebenso. So passt es in diese Haltung, dass David Rothenfels die Vorarbeit durch einen Zeichenroboter erledigen lässt, den er selbst eigens für große Formate gebaut hat und den er selbst im Vorfeld für das jeweilige Bild programmiert. (AxiDraw V3, High Performance Personal Writing and Drawing Machine // https://shop.evilmadscientist.com/846)
Der rattert dann ökonomisch die ganze Nacht durch und der Künstler kann sich auf das Wesentliche konzentrieren: Auf den Ausdruck, auf die eigentliche malerische Leistung und wirft damit schon wieder eine provokante Frage in die Geschäftswelt des Kunstmarktes: Was genau ist das, die malerische und künstlerische Leistung? Ist sie überhaupt noch notwendig? Können Maschinen Kunst? Was kann ein Künstler? Muss er was können? David Rothenfels jedenfalls kann was und er hat sich einen brandaktuellen künstlerischen Standpunkt erarbeitet, mit dem er auf dem zeitgenössischen Kunstmarkt auffallen wird. Deswegen habe ich ihn sehr gerne zu meinem Meisterschüler ernannt. Während David Rothenfels im Januar seinen hochinteressanten Vortrag über die Digitalisierung des Malprozesses zum Abschluss seines Malereistudiums hielt, ratterte der kleine Zeichenroboter den David Rothenfels für sich entwickelt hat, nebenbei eine von ihm programmierte Zeichnung aufs Blatt. David Rothenfels, Raketenkleid, 1.2.2019, Acryl auf Papier, 20×30 cm Zuhause hat er einen Malroboter für große Leinwände entwickelt. Der Vorteil seiner Roboter ist, dass diese mit normaler Gouache und Öl befüllt werden können, die David Rothenfels auch sonst für seine Malerei verwendet. Wer malt hier nun eigentlich? David Rothenfels merkt in seinem Vortrag an, dass das Ergebnis im Bild nur so gut wie seine Vorlage, bzw. die Programmierung sein kann. Dort gemachte Fehler werden ins Bild übertragen. Der Künstler wird zum Programmierer? David Rothenfels sagt hierzu in seinem Vortrag: „Wie David Hockney in seinem Buch „Secret Knowledge Rediscovering the lost Techniques of old masters“ eindrucksvoll zeigt, nutzten schon Alte Meister ab circa 1430 optische Methoden (Spiegel und Linsen) um Projektionen der Wirklichkeit zu erzeugen. … In dieser Zeit hatten Künstler teilweise ganze Produktionslinien mit einer Vielfalt von einzelnen hierarchisch aufgebaut Arbeitsschritten und beschäftigten eine ganze Reihe von Assistenten, die für sie arbeiteten. Auch das kommt heute nicht mehr vor. Und entsprechend ist das Potenzial der zeitgenössischen Malerei. Sie geht derzeit im Vergleich zu Foto und Videoproduktionen gänzlich unter. Das muss dringend geändert werden. Hockney ist zunächst in seinen Nachforschungen gebremst worden, da die Nutzung von Hilfsmittel Betrug sei. Er hält dem entgegen, dass die Nutzung von Hilfsmitteln sehr schwierig sei und nur durch diese eine ganz neue Schaffensqualität erreicht werde. Letzteres ist für mich das schlagende Argument. Es geht um die Qualität der Bilder. Und hier werden wir in Folge der Digitalisierung einen Qualitätssprung sehen. Zunächst natürlich was die Details anbelangt, aber auch im Bildaufbau. Für Nutzung von optischen Instrumenten brauchte Hockney ein ganzes Jahr Training. Und das ist meiner Meinung nach auch der Grund warum technische Hilfsmittel selten genutzt werden. Warum nutzt niemand große CNC Maschinen für die Vorzeichnung oder für die Malerei? Ganz einfach: weil es niemand kann und weil Aufwand für die Einarbeitung und Nutzen zunächst sehr weit auseinander liegen. Erst später rentiert sich die Einarbeitung durch Geschwindigkeitsgewinne. Die Untermalungen meiner Bilder haben ca. 30-50 Tausend Zeilen Code pro Farbschicht. David Rothenfels, „Betrachtung“, 2018, Öl auf Holz, 60 × 40 cm Diese dauern ca. 4-8 Stunden. Ein Bild hat ca. 10 Farbebenen und eine Zeichenebene. Man muss kein Programmierer sein, aber es reicht auch nicht mal eben den Edding an den Staubsaugerroboter zu kleben. Es ist bei Zeichen-/Malrobotern wie bei allen optischen Hilfsmitteln jedoch so, dass die Ergebnisse so überwältigend sein werden, insbesondere was den Detailreichtum anbelangt, dass es sich lohnen wird sich mit den Tools auseinander zu setzen. Sie werden in der Zukunft gar nicht mehr wegzudenken sein. Sobald die Tools in der Masse angekommen sein werden, da sich ihre Nutzung stark vereinfacht haben wird, werden sie auch die Bildsprache derjenigen beeinflussen, die bis dahin immer noch keine Tools genutzt haben werden. Sie werden die neu entwickelte Bildsprache ihrer Künstlerkollegen aufgreifen und mit ihrem eigenen Stil mischen.“ David Hockney hat für mich die Bilder der alten Meister entzaubert. Sie waren doch einfach nur ganz normale Maler, oder? Nix Genie, oder doch? Hockney weist in seinem Buch nach, dass insbesondere die Darstellungen von komplizierten Stoffmustern in Bildern mit den aufgezeigten Hilfsmitteln zugenommen haben. Damit konnte man Eindruck schinden. David Rothenfels hat auch ein solches Bild vorzuweisen. Jan Vermeer van Delft, die Musikstunde (Herr und Dame am Virginal) (1662–1665) 74,6 cm × 64,1 cm Öl auf Leinwand, Royal Collection im Buckingham Palace, in London Doch viele zeitgenössische Künstler nutzen für ihre Übertragungen von Zeichnungen in ihre große Bildformate Epidiaskope (Stehbildwerfer), die es inzwischen auch im mobilen Taschenformat gibt. Die Übertragung mit der Rastermethode geht meiner Meinung nach immer noch am schnellsten! Mit ihr ist man unabhängig von technischen Geräten, kann es bei Tag und bei Nacht anwenden, kann damit klitzekleine Zeichnungen auf riesige Plakatwände oder noch größere Wände übertragen. Und dann kann man loslegen und mit seiner umwerfend guten Malerei ein umwerfend gutes Bild malen! (Ute Wöllmann – Akademieleiterin / Galeristin / Malerin / Bloggerin)Die Digitalisierung des Malprozesses oder Was muss gemalt werden?
Mit David Rothenfels haben wir einen Absolventen der Akademie für Malerei Berlin, der sich mit dem Digitalisierungsprozess auseinandergesetzt hat. Als Platzhalter und Prototyp eines Mannes in der modernen Geschäftswelt agiert in den Bildern von David Rothenfels immer er selbst. Somit kann er auch niemanden beleidigen, denn inhaltlich merken diese Bilder eine ganze Menge an. Sie sind dabei aber nicht vordergründig oder plakativ, sondern rätselhaft und suggestiv. David Rothenfels wagt sich an die ganz großen Themen heran: Immer mit derselben Figur des typischen modernen Anzugträgers besetzt interpretiert David Rothenfels „Das Abendmahl“ von Leonardo da Vinci und die in dem Bild dargestellten Handlungsabläufe neu und provokant.
Leonardo da Vinci (1452-1519) – The Last Supper (1495-1498)
David Rothenfels; „Verhandlungen“, 2018, Öl auf Leinwand, 150 × 200 cm
Ganze Männer, die mit Raketen liebäugeln, kennen wir auch aus unserer realen Welt, die sich dort durchaus ebenso mit nacktem Oberkörper auf dem Parkett der Weltbühne in Szene setzen. David Rothenfels beschäftigt sich mit der Fassade unserer modernen Gesellschaft, dem Schönheitsideal, dem Modediktat und dem modernen Geschäftsgebaren.
David Rothenfels, „Betrachtung“, 2018, Öl auf Holz, 60 × 40 cm