Es sterben die Ateliers und die Galerien in Berlin
Bereits am 12.9.2014 berichtete Anna Pataczek umfangreich im Tagesspiegel über die bereits damals prekäre Situation vieler Künstlerinnen und Künstler, die in Berlin seitdem massenweise ihre Ateliers verloren haben. „…Eine Delegation Abgeordneter und Senatsverwaltungsmitarbeiter hat sich angekündigt, in ihrer Mitte Kulturstaatssekretär Tim Renner. Sie müssen reden. Denn wenn es schlecht läuft, wird es hier bald keine Ateliers mehr geben. Die Zukunft des Künstlerquartiers steht infrage. Schon Renners Vorgänger André Schmitz hat sich für die Künstler in Pankow eingesetzt…Tatsächlich gehen zurzeit so viele traditionelle Atelierstandorte verloren wie nie zuvor. „Hier, zwölf neue Mails“, sagt Florian Schmidt, nachdem er einen Ordner in seinem Mailprogramm geöffnet hat, eigens eingerichtet für die Hilferufe der Künstler. Schmidt ist nur unwesentlich länger im Amt als Renner, seit Anfang März soll der 39-Jährige als neuer Atelierbeauftragter einer Entwicklung entgegenarbeiten, die viele Akteure in Berlin für unaufhaltsam halten: die Verdrängung der Atelierhäuser…“
Seit Jahren ist es den politischen Akteuren in Berlin bekannt – und was ist passiert? Nichts, was diese Entwicklung wirklich aufhält. Die Mieten sind so hoch wie noch nie – und ein Ende dieses Treibens ist nicht in Sicht. Den Spekulantinnen und Spekulanten wird nicht Einhalt geboten. Berlin lockt mit seinem Image der hippen und preiswerten Kulturstadt mit Tausenden von Künstlerinnen und Künstlern Tausende von Leuten an, die sie dann anschließend verdrängen. Berlin ist bald nicht mehr sexy und wird immer ärmer, ärmer an Künstlerinnen und Künstlern, ärmer an kleinen und mittelständigen Galerien, denn auch denen geht es schlecht und viele geben auf. Von ehemals über 600 Galerien in der Stadt vor 4 Jahren, gibt es jetzt nur noch knapp 400. Das sind vor allem jene Galerien, die sich um noch nicht etablierte Künstlerinnen und Künstler kümmern, die ihnen regelmäßige Ausstellungsmöglichkeiten geboten haben, die sie „aufbauen“, wie es so schön heißt. Jede Galerie zeigt im Schnitt 6 Einzelausstellungen und vielleicht eine Gruppenausstellung mit ebenfalls ca. 6 Künstlerinnen und Künstler. Es fallen also 1200 Einzelausstellungen für Künstlerinnen und Künstler weg. Und für noch mal so viele die Möglichkeit in einer Gruppenausstellung präsentiert zu werden.
So viele alternative Projekträume, die diesen Negativ-Trend auffangen könnte, gibt es auch nicht in dieser Stadt. Die unaufhaltsam steigenden Mieten, das Sterben preiswerten Atelierraums und das Sterben der kleinen und mittelständigen Galerien bedeuten eine unheilvolle Allianz für jede Künstlerin und jeden Künstler.
Die öffentliche Hand müsste hier einspringen und Atelierraum und umfangreiche Fördergelder für ihre Künstlerinnen und Künstler ausschütten, die der Stadt ein so tolles Image bescheren. Tausend Mal Danke sagen: „Was wäre diese Stadt ohne Euch Künstlerinnen und Künstler! Was können wir für Euch tun?“ Liebe Politikerinnen und Politiker, wie wäre es mal mit dieser Einstellung? Herr Dr. Wöhlert, jetziger Kulturstaatssekretär, was ist ihr Masterplan im Reigen der Kulturstaatssekretäre? Oder Herr Lederer, amtierender Kultursenator (Linke), womit wollen Sie glänzen? Steigende Mieten, das ist doch DAS Thema der Linken, oder nicht? Was tun Sie persönlich für diese bedrohliche Situation von uns Künstlerinnen und Künstler?
(Ute Wöllmann – Akademieleiterin / Galeristin / Malerin / Autorin / Bloggerin)