Lohnt es sich noch?
Das tragische aber intensive Leben von Vincent van Gogh steht für viele exemplarisch als das Leben eines Künstlers per se: Vollkommen besessen von seinem künstlerischen Tun, absorbiert von sich selbst und seinen Interessen und in sich selbst versunken, ja fast autistisch. Unfähig für das sonstige Leben in dem er ständig scheitert, sowohl was seine Fähigkeit einer geldbringenden Arbeit nachzugehen, als auch seine Beziehungen anbelangt. Einer der ausserhalb der bürgerlichen Gesellschaft steht und den auch seine Zeitgenossen nicht verstehen. Unterstützt allein durch einen einzigen Menschen, sein Glück, seinen Bruder. Der Zeit seines Leben verkannt und unbekannt war und erst nach seinem Tod berühmt geworden ist. Während er zu Lebzeiten nur wenige Bilder verkaufen konnte, erzielen seine Werke seit den 1980er Jahren bei Auktionen Rekordpreise.
Vincent van Gogh wurde am 30. März 1853 geboren und starb am; 29. Juli 1890 in Auvers-sur-Oise), er wurde also nur 37 Jahre alt. Er gilt als einer der Begründer der modernen Malerei. Nach gegenwärtigem Wissensstand hinterließ er 864 Gemälde und über 1000 Zeichnungen, die allesamt in den letzten zehn Jahren seines Lebens entstanden sind. Diese Tatsache sollte allen Mut machen, die sich mit dem Gedanken tragen ihrem Leben eine neue Richtung zu geben und das künstlerische Schaffen in den Mittelpunkt zu stellen. Ein komplettes künstlerisches Oeuvre von Weltrang ist also in nur 10 Jahren zu bewerkstelligen! 10 Jahre sollten viele von uns doch noch vor sich haben!
Seine jungen erwachsenen Jahre waren von der wenig erfolgreichen Berufssuche geprägt, die ihn zunächst als Verkäufer, dann als Lehrer, später als Hilfspfarrer tätig werden liessen, alles wenig erfolgreich, und begleitet durch sein Unglücklichsein. Nach vielen Zurückweisungen und Scheitern entschied er sich im Herbst 1880 im Alter von 27 Jahren, Maler zu werden.
Vincent van Goghs frühen Arbeiten ist kaum anzumerken, dass er einmal ein bedeutender Maler werden sollte. Er wollte lernen und eignete sich das Nötigste autodidaktisch an, zeichnete nach Lehrbüchern und kopierte von ihm bewunderte Zeichnungen und Drucke. Um in Kontakt mit Kunst und Künstlern zu kommen, zog er im Oktober 1880 nach Brüssel, wo er sein Selbststudium fortsetzte, kehrte aber bereits ein halbes Jahr später in sein Elternhaus zurück, verliess dies an Weihnachten des selben Jahres nach einem Streit. Die Beziehung zu seiner Familie blieb angespannt, wie auch all seine anderen Beziehungen. Van Gogh war ein schwieriger, eigenbrödlerischer Mensch, kompromisslos, unangepasst, der sich nicht unterordnen konnte oder wollte, was ihm ein sehr einsames Leben bescherte und was ihn in der Summe vielleicht auch in den Wahnsinn trieb.
Sein weiteres Leben stand unter den Vorzeichen des abhängigen Lebens in Beziehung zu seinem Bruder Theo, bei dem er zeitweilig auch in Paris wohnte. Das Zusammenleben scheiterte aber, wie so viele davor und danach auch. In der Zeit bei seinem Bruder lernte er in Paris den aktuell vorherrschenden Kunststil den Impressionismus kennen und viele Künstler dieser Stilrichtung, u.a. aber auch Paul Gauguin. Mit diesem lebte er zwei intensive Monate in Arles zusammen, eine wichtige und stilbildende Zeit.
Sein trauriges Ende kennen wir alle.
In nur 10 Jahren schuf er sein Werk, ein Werk von Weltrang und großer Intensität.
(Ute Wöllmann – Akademieleiterin / Galeristin / Malerin / Autorin / Bloggerin)