Manchmal muss man durchhalten
Am Freitag, 7. Juni beendete Andreas Komorowski sein Studium der Malerei.
Und ich muss sagen: Ich habe mich sehr gefreut, dass wir beide an diesem Abend seinen Abschluss feiern konnten! Denn lange Zeit sah es nicht danach aus, zwischenzeitlich stand auch ein Studienabbruch im Raum. Allein schon ein Malereistudium ist zeitintensiv und fordert maximalen Einsatz. Und an der Akademie für Malerei Berlin ist dies ein berufsbegleitendes Studium. Viele der Studentinnen und Studenten ringen mit der zur Verfügung stehenden Zeit, organisieren ihren Alltag um, reduzieren die Arbeitszeiten, wenn es geht, planen, strukturieren, optimieren wo es nur geht, jeder Urlaub geht für das Studium drauf.
Andreas Komorowski sagt hierzu in seinem Vortrag zum Abschluss seines Malereistudiums:
„ In genau dieser wichtigen Phase der Auseinandersetzung, gab es dann aber aus familiären Gründen einen harten Einschnitt und damit eine Unterbrechung meines Studiums. Die Beurlaubungen vom Studium summierten sich letztendlich auf über zwei Jahre. In dieser Zeit begann ich mir auch immer wieder die Frage zu stellen, ob ich das Studium überhaupt durchziehen soll oder ob es vielleicht besser ist, es einfach abzubrechen. Aber war das so einfach, was hätte das für eine Konsequenz für mich?Vier Augengespräche mit Ute, aber auch die mit meinem Mann, ermutigten mich letztendlich dran zu bleiben und weiter zu machen. Mit Ute entwarf ich einen Schlachtplan mit klaren Regeln, um einen Anschluss zu schaffen und mit der mir zur Verfügung stehen Zeit zurecht zu kommen. Der Faktor Zeit ist wohl der mit dem die meisten von uns Studierenden am häufigsten ringen, da das Studium für die meisten berufsbegleitend ist; eine enorme Herausforderung, die auch viele Entbehrungen mit sich bringt.“Das Leben durchkreuzt oft genug die besten Pläne und hält auch harte Schicksalsschläge bereit, die zu Pausen zwingen, den eingeschlagenen Weg in Frage stellen, vielleicht auch neue Entscheidungen erforderlich macht. Im besten Falle geht man gestärkt aus solchen Krisen hervor, hat sich auch in solchen Phasen neu kennen gelernt und weiß vielleicht künftige Krisen besser zu händeln.In solch schwierigen Zeiten hat es sich bewährt irgendwie am Ball zu bleiben, den künstlerischen Prozess nicht abreißen zu lassen. Ich hatte mal eine Studentin die eine Zeit harter familiärer Schicksalsschläge verkraften musste und zu sich selbst sagte: „Einen Strich am Tag schaffe ich trotzdem“. Und das tat sie auch. Sie zeichnete oder malte jeden Tag wenigstens einen Strich, manchmal auch zwei oder doch mehrere. So füllten sich die Blätter und Leinwände mit Strichen, verdichteten sich über eine unbestimmte Anzahl an Tagen oder blieben einzeln auf den Blättern und Leinwänden stehen. Es gab heftige Striche, zarte, filigrane, dicke, dünne, schwarze, straffe, gebogene, kurze, lange, durchbrochene, gestrichelte Linien und so weiter und so fort. Ein Universum tat sich auf. Jeden Tag wurden eben doch immer wieder neue Entscheidungen getroffen und Erkenntnisse gefunden. Es entstand ein ungeheuer spannendes „Strich“-Projekt, das die weitere künstlerische Arbeit nach der Krise wesentlich beeinflusste.Und so war es auch bei Andreas Komorowski. Deshalb sind manchmal die Öffentlichen Präsentationen zum Studienabschluss nicht nur besondere Abende des Rückblicks sondern auch aufgrund solcher Krisen und ihrer Bewältigungen sehr bewegend.Ich entlasse Andreas Komorowski als meinen Meisterschüler mit einem unverwechselbaren eigenständigen und authentischen künstlerischen Standpunkt und bin mir sicher, dass sein weiterer Weg ein erfolgreicher Weg sein wird.
(Ute Wöllmann – Akademieleiterin / Galeristin / Malerin / Autorin / Bloggerin)
Titelbild: Andreas Komorowski // Bild von der Einladungskarte seiner öffentlichen Präsentation zum Studienabschluss am 7.6.2019.
Bild_1: Foto Öffentliche Präsentation von Andreas Komorowski zu seinem Studienabschluss