Heute werden täglich über eine Million Selfies in den Sozialen Netzwerken verbreitet. Unvorstellbar,dass ein Portrait einmal eine Kostbarkeit gewesen ist, das sich nur Adelige oder reiche Kaufleute leisten konnten. Die Maler durften dafür viel Geld verlangen, denn sowohl Holztafel oder Leinwand waren teuer,ebenso die Pigmente, aus denen die Farben angemischt wurden. Hinzu kamen noch die langen Sitzungen,die es bedurfte, das Bild zu malen.
Gelegentlich bedienten sich die Maler ihrer Zeichnungen, um die Portraitsitzungen abzukürzen, um dann im Atelier ohne weitere Terminabsprachen mit dem Modell das eigentliche Portrait auszuführen. Doch EIN Modell stand ihnen immer zur Verfügung: sie selbst.Mit dem Blick in den Spiegel und der dazugehörigen Selbstreflektion hat auch Veronica Marin Vogel begonnen, ihre Erfahrungen zu sammeln – und es braucht viel Erfahrung, gute Portraits zu malen.Ich behaupte: VIEL MEHR, als in anderen Malerei-Genres, wie Stillleben oder Landschaft, beispielsweise.Man gewöhnt sich an ungewöhnliche Formen und Farben des Inkarnats, die ein Anfänger nie in ein Gesicht setzen würde und entwickelt eine immer größere Leichtigkeit, Selbstverständlichkeit; einen eigenen Stil.
Schon am Beginn ihres Studiums hat Veronica sich mit ihrem eigenen Portrait beschäftigt. So hat sie an einer Wand aus kleinen, quadratischen Leinwänden gearbeitet, die sie »tiles«, also »Kacheln« nannte. Darauf waren Ornamente zu sehen und immer in regelmäßigen Wiederholungen ihr scherenschnitthaftes Selbstportrait.In einer weiteren Schaffensphase hat sie ihre Familie portraitiert. Da die einzelnen Personen aber über den Globus verstreut leben, kam ihr die anfangs erwähnte moderne Technik der Sozialen Netzwerke zu Hilfe und so konnte sie sich bei einigen Bildern ganz pragmatisch eben jener Selfies bedienen, die heute unser Portraitbild mitbestimmen.
In ihren neuesten Werken blickt sie nun erneut auf ihr eigenes Antlitz, das sie mit großer Souveränität und der ihr eigenen, starken Farbigkeit in beeindruckenden Formaten umsetzt. Von gigantischen Leinwänden blickt uns eine selbstbewusste, starke Persönlichkeit frontal an: konzentriert und eindringlich. Diese Portraits haben nichts mehr von Selfies. In ihnen ist Veronica Marin Vogels ganze Erfahrung als Malerin eingeflossen und es ist kaum möglich, sich ihrer Ausstrahlung zu entziehen. In ihnen ist die Intensität zu spüren, die großartige (Selbst-)Portraits ausmacht: universell und meilenweit entfernt von den Schnappschüssen unserer Tage!
Andreas Amrhein, im April 2019
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