Die künstlerische Produktion oder wie viel ist genug?
Ein kontinuierliches künstlerisches Arbeiten ist ungeheuer wichtig. Dies gilt vor allem für das Studium, um den eigenen künstlerischen Standpunkt zu finden, aber auch für die Zeit nach dem Studium für das Leben als professioneller Künstler, als professionelle Künstlerin. Doch wie viel ist „genug“ um erfolgreich zu sein? Man sollte auf jeden Fall genügend Bilder haben um eine Einzelausstellung zu bestücken. Sagen wir mal für eine mittelgroße Galerie. Dafür braucht es 6 – 10 große Formate. Groß ist alles ab 1,20 x 1,60 cm, 6 – 10 mittelgroße Formate, also alles zwischen 70 x 100 cm und 1,20 x 1,60 cm und 10 – 20 kleine Formate, das ist alles bis 70 x 100 cm. Man sollte so viel produziert haben, dass man auswählen können sollte für diese Einzelausstellung. Man muss nicht jedes Bild, das man gemalt hat, der Öffentlichkeit präsentieren. Nur die besten Arbeiten werden gezeigt. Man sollte also nicht alles nehmen müssen.
Ich erinnere mich an eine Diskussion mit meinem Professor Baselitz während meines Hochschulstudiums, in der es darum ging, ob man bereits während des Studiums ausstellen sollte. Er hielt gar nichts davon, während des Studiums auszustellen. Seiner Meinung nach sollten wir uns auf das Studium konzentrieren. Er entgegnete unseren Begehrlichkeiten mit der Frage, was wir denn ausstellen wollten, wir hätten ja noch kein Werk. Ein Werk hätte man dann, wenn man locker zwei Einzelausstellungen gleichzeitig bestücken könnte und wenn dann noch genügend da wäre, dass wichtige Personen ins Atelier kommen und immer noch genug gute Bilder vorgezeigt werden könnten. Bam! Da hing sie, die Messlatte! Ganz schön hoch. Dies führte bei mir dazu, dass ich während meines Studiums tatsächlich nicht ausstellte, sondern mich auf mein Werk konzentrierte. Gegen Ende des Studiums hatte ich genügend Bilder zusammen – und ich stellte aus. Ich war meinem alten Professor dankbar für diesen Rat, denn ich hatte Glück, direkt im Anschluss an mein Malereistudium gleich mit zwei Galerien zusammen arbeiten zu können.
Die eine Galerie im Süden, nahm sofort 10 meiner 1,20 x 1,60er Formate in Kommission und verkaufte sie sehr gut. Alle drei Monate flatterte ebenso kontinuierlich, wie ich für den Nachschub Bilder malte, ein Scheck ins Haus. Wow! Das lief! Die andere Galerie im Norden testete mich mit 6 Bildern in einer Gruppenausstellung, diese wurden alle verkauft. Nach diesem Erfolg, richtete sie mir eine Einzelausstellung aus, hier wurden ebenfalls fast alle Bilder verkauft. Nun hatte ich viel zu tun, neue Bilder mussten gemalt werden, ein großer Teil meiner Produktion war weg! Kunden, Sammler und Galeristen kündigten sich für Atelierbesuche an und alle wollten was Neues sehen. Ich konnte immer alle Begehrlichkeiten und Forderungen an den Nachschub an guten Bildern bedienen, die Qualität sollte natürlich immer gleich bleiben. Leider hörten beide Galerien nach einigen Jahren der Zusammenarbeit auf, die eine aus Altersgründen, die andere aus familiären Gründen. Und die Schecks flatterten danach nicht mehr so regelmäßig ins Haus, sondern sehr viel unregelmäßiger.
Wie viel kann man also produzieren? Wie viel davon ist gut? Wie viel müsste man produzieren? Und wie viel produziert man wirklich? Der Beantwortung dieser Frage sollte man sich ehrlich stellen, denn sie ist eng mit einem möglichen „Erfolg“ oder „Misserfolg“ verknüpft.
(Ute Wöllmann – Akademieleiterin / Galeristin / Malerin / Autorin / Bloggerin)